Eine Anleitung in 4 Schritten gegen die ScheiternAngst
„Scheitern ist keine Option“
… höre ich immer wieder von Auftraggebern, die sich auf den Weg z.B. in eine neue Organisationsform machen. Doch hier sei gleich gesagt: und wie! Scheitern ist eine tolle Option – nämlich zu lernen, sich weiterzuentwickeln und die Dinge so zu entwickeln, wie man sich es sich selbst wünscht! In diesem Plädoyer erläutere ich …. Gründe für ein erfolgreiches Scheitern.
“Ein Leben, in dem du viele Fehler machst, ist nicht nur ehrenwerter, sondern auch lebenswerter, als ein Leben, in dem du gar nichts machst.” George Bernard Shaw
Die berühmteste Anekdote über das Scheitern ist sicherlich die über Thomas Alva Edison. Angesprochen auf seine zahlreichen Fehlschläge bei der Entwicklung er Glühbirne soll er geantwortet haben:
„Ich bin nicht gescheitert. Ich kenne jetzt 1.000 Wege, wie man keine Glühbirne baut.“
Eine schöne Geschichte, die uns gleich auf das Wesen des Scheiterns hinweist: Es geht nicht darum, ob wir etwas schaffen, es geht darum, dranzubleiben, neugierig zu sein und weiterzumachen.
Scheitern wird in unserer Kultur als ein Versagen definiert: Da wollte jemand etwas und hat es nicht geschafft. Wir bezeichnen diese Menschen, als Verlierer, als Loser und gerne auch als „hat sich wohl selbst ganz schön überschätzt. Scheitern ist in unserer Gesellschaft verpönt. Wer scheitert, war vorher, leichtsinnig, leichtgläubig oder auch einfach nur dumm.
Ich möchte hier eine Lanze für das Scheitern brechen und auf vier wesentliche Schritte hinweisen, die jedes Scheitern möglich und nützlich machen.
1. Schritt: Scheitern ist viel besser als sein Ruf
Wer scheitert, hat sich ja auf jeden Fall schon mal auf den Weg gemacht, denn „Scheitern“ hat vier wichtige Momente:
- Den mutigen Moment loszugehen und einfach mal zu machen
- Den Moment der Erkenntnis, in dem klar wird: Das wird nichts!
- Der Moment des „Wunden lecken“ und aus dem tiefen Tal der Trauer wieder aufzusteigen
- Um sich schließlich zu fragen: Was kann ich daraus lernen und wie komme ich an mein Ziel?
Also: Nur wer losgeht, der kann scheitern. Wer zu nichts tut, dem kann nichts passieren, aber der lernt eben auch nichts.
“ Der größte Fehler, den du im Leben machen kannst, ist die permanente Angst, einen Fehler zu machen.” Elbert Hubbard
Dem eigenen Perfektionisten ein Schnippchen schlagen
Wer kennt sie nicht, die innere Stimme, die flüstert: Das ist doch wohl nicht dein Ernst? Das ist nicht gut genug! Du musst noch mehr wissen …“ Meist ist es unser eigener Perfektionismus, der uns davon abhält, mutig voranzugehen und einfach mal auszuprobieren. Perfektionismus und Angst, vor allem ScheiternAngst, meint es gut mit uns: Wir sollen uns nicht blamieren, wir sollen nur das machen, was uns nicht in Gefahr bringt und auf keinen Fall der Lächerlichkeit preisgibt. Oft verharren wir dann im Nichtstun. Nur, das fühlt sich auch nicht gut an. Niemand ist stolz auf das, was er lieber hat sein lassen.
Jeder von uns, der mal was riskiert hat und vielleicht dann irgendwann Erfolg hatte, kennt das gute und kraft gebende Gefühl von Stolz auf das, was man sich selbst (zu)getraut und erreicht hat. Nichts stärkt den Selbstwert eines Menschen mehr als ein Ziel, das er erreicht hat. Noch stolzer macht es uns, wenn wir dabei diverse Hindernisse überwunden haben und trotzdem unser Ziel erreicht haben!
Übrigens ein wichtiges Argument für die sogenannten „Rasenmäher-Eltern“, die ständig darum bemüht sind, ihren Kindern alle, aber auch wirklich alle, Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Was lernen wir denn, wenn wir nie scheitern? Leider nichts und leider haben wir auch nichts, auf das wir wirklich stolz sein können, weil wir es durch unser eigenes Tun und Handeln erreicht haben. Das mindert den Selbstwert und fördert das Gefühl des eigenen Unvermögens.
2. Schritt: Aufhören, wenn es nicht gut wird!
Das ist die zweite Kunst beim Scheitern: Aufhören, wenn es nicht funktioniert. Auch hier ist Perfektionismus und die ScheiternAngst oft mit im Spiel. Wenn du merkst, dass du dich festgefahren hast, dann mach eine Pause und frage dich:
- Was habe ich bis hierher gelernt?
- Wo drehe ich mich im Kreis?
- Wovor habe ich Angst?
- Was kann im schlimmsten Fall passieren, wenn ich jetzt aufgebe?
Sprich mit so vielen Menschen, wie möglich und lasse dich auch professionell, z. B. durch einen Coach begleiten. Wenn wir uns verrennen, dann fällt es uns oft schwer loszulassen, weil der Preis so hoch erscheint und dann fehlt uns die Kraft, um wieder aufzustehen.
3. Schritt: Wer scheitert, darf ausschlafen
Ein ebenfalls sehr wichtiger Punkt beim erfolgreichen Scheitern: Niemand will scheitern. Zu scheitern tut weh und passt nicht in unsere Welt der ewigen Selbstoptimierung.
Wenn die Gefühle hochkochen, treffen wir keine klugen Entscheidungen. Das liegt daran, dass der präfrontale Cortex, kurz PFC, (der vernünftige Teil des Gehirns), den Limbischen Teil (unser Emotionsgehirn) kontrolliert und steuert. Es kommt zu einem Kräftemessen, das die Vernunft leider immer verliert: Der limbische Teil ist ein 24/7 Dienstleister und je emotionaler wir werden, desto mehr Ressourcen verbraucht er, die Gefühle überfluten uns. Der Präfrontale Kortex ist dagegen ein Dienstleister mit eingeschränkten Servicezeiten. Abhängig davon, wie fit wir gerade sind, ob wir gut geschlafen haben, uns gesund ernähren und für ausreichend Bewegung gesorgt haben, ist er mehr oder weniger schnell und effektiv. Je öfter das Gefühl anklopft, desto öfter muss der PFC das Gefühl wieder unterdrücken und irgendwann gibt er einfach auf – denk nur an einen Wasserball, den du versuchst, unter Wasser zu halten, irgendwann fliegt er dir um die Ohren … man kann seine Gefühle kontrollieren, unterdrücken kann man sie nicht und je eher man sich ihnen stellt, desto einfacher wird es, sich auch wieder auf andere Dinge zu kontrollieren.
Um aus unserem Scheitern zu lernen, ist es deshalb enorm wichtig, auch die nicht so angenehmen Emotionen zu spüren: In den meisten Fällen ist das eine Mischung aus Scham, Trauer, Ärger und Angst:
- Die Scham vor dem, was wohl die anderen von uns denken …
- Die Trauer darüber, dass wir etwas, was uns wichtig und wertvoll war, verloren haben …
- Der Ärger darüber, dass wir ein Ziel nicht erreicht haben …
- Die Angst vor der Zukunft und ob wir das Scheitern überwinden können
Scham ist Gefühl, das wir nicht gerne spüren und deshalb schnell und gerne verdrängen. Scham ist eine wichtige Emotion, die uns aufzeigt, dass wir uns nicht entsprechend der Norm verhalten haben. Durch eigenes Fehlverhalten laufen wir Gefahr, aus „unserer“ Gruppe ausgeschlossen zu werden. Da wir soziale Wesen sind, ist es für uns maßgeblich, Teil einer Gruppe zu sein und die Scham lässt uns darüber nachdenken, wie wir unser Verhalten ändern können, um wieder Teil dieser Gruppe zu sein.
Die eigene Scham wahrzunehmen, zu reflektieren und auch zu verarbeiten, ist wichtig, um gesund zu sein und zu bleiben. Studien habe nachgewiesen, dass das Gefühl von Scham eine wichtige Rolle spielt, wenn es um die Ausprägung einer Depression geht und tatsächlich kann dieses Gefühl Gedanken an einen Suizid erhöhen.
Wenn uns unser Scheitern die Schamröte ins Gesicht jagt, hilft es, sich augenblicklich daran zu erinnern, warum man sich auf diesen Weg gemacht hat und was auf diesem Weg alles passiert ist. Dabei darf jeder stolz auf sich sein, der nach bestem Gewissen etwas ausprobiert hat. Stolz ist das Gefühl, das die Scham sofort auf ein gesundes Maß sinken lässt. Wenn wir stolz auf uns selbst sind, dann können wir uns auch leicht verzeihen, im besten Fall sogar über uns selbst lachen.
Um gut in Kontakt mit einem unangenehmen Gefühl zu kommen, ist es hilfreich, sich das Gefühl als einen Freund, Coach oder Mentor vorzustellen, der uns zwar gerade kritisiert, es aber immer gut mit meint.
Frag dich einmal: Wenn die „Scham“, die ich gerade spüre, mir etwas sagen will, was kann das sein? Die Antwort zum Beispiel lauten: Mach dich nicht klein! Stehe zu dem, was Du tust! Mach dich nicht abhängig von dem, was andere über dich denken.
4. Schritt: Good enough for now, safe enough to try“
Wenn wir wieder mit einem sachlichen Blick auf unser Vorhaben blicken, wird es Zeit zu lernen. Die folgenden Fragen können dabei helfen:
- Was weiß ich?
- Was will ich beim nächsten Versuch vermeiden?
- Wovon mache ich mehr?
- Welche Information brauche ich noch?
- Brauche in Unterstützung?
Um dann nicht im Perfektionismus zu verharren, kann es eine gute Idee sein, das eigene Scheitern selbst zu begrenzen und damit berechenbarer zu machen. Die berühmte 80 % Methode kann helfen, schnell wieder ins Handeln zu kommen und mutig den nächsten Versuch zu starten:
Gut genug für den Moment, sicher genug, um es zu versuchen.
Hilfreich ist auch, einen Zeitrahmen zu definieren: Wie lange will ich etwas ausprobieren? Welche Parameter habe ich, um Erfolg zu messen?
“Nach langem Dranbleiben zu versagen ist viel großartiger, als niemals nach etwas zu streben, das den Begriff ‘Versagen’ rechtfertigen könnte.” George Eliot
Scheitern: Ich kanns!
Mein Wunsch und meine Vision sind, dass Menschen ihr eigenes Scheitern mit mehr Neugier betrachten und stolz sind auf das, was sie durch ihr Handeln bewirken. Zu scheitern ist die beste Schule im Leben – das kennen wir wohl alle: Den gleichen Fehler macht man nicht zweimal (und ach ja, auch das habe ich schon geschafft).
Ich bin Stefanie Pannier: Unternehmensberaterin, Mimikresonanz©Master und emtrace©Master Coach.
Ich stelle meine ScheiternKompetenz seit vielen Jahren bei Konfliktklärungen, in der Streitschlichtung und für eine besser Führungskultur zur Verfügung.
Grundsätzlich:
- In meinen Blogs wird geduzt. Meine Arbeitsthemen sind sehr persönlich und immer vertraulich. Ich möchte mir keine Leserschaft vorstellen, die ich nicht duzen möchte. Dabei lege ich Wert auf Augenhöhe und Respekt.
- Im Mittelpunkt stehen bei mir Lesbarkeit und Inhalt. Deshalb verzichte ich auf geschlechtsspezifische Paarformen. Die von mir verwendeten Einzelformen meinen immer alle Menschen.
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